Stirbt die Biene, stirbt der Mensch?

Ursprünglich veröffentlicht am 30.04.16

Stirbt die Biene, stirbt der Mensch. So oder so ähnlich soll es der berühmte Physiker Albert Einstein gesagt haben. Abgesehen davon, dass man dieses Zitat in keinster Weise dem vermeintlichen Urheber zusprechen kann, gibt es noch ein paar andere Probleme mit dieser Aussage. Stirbt der Mensch tatsächlich sollten die Bienen verschwinden? Hier einige Argumente, die aufgeheizte Diskussionen relativieren können:

Bestäubung von Nahrungsmitteln

2010 wurde der Wert der durch Bienen erbrachten Leistungen auf weltweit 153 Milliarden Dollar geschätzt. Davon liegt der Löwenanteil bei der Bestäubungsleistung.1 Ohne Bestäubung würden Obstbauern kaum mehr Erträge erzielen und auch der heimische Apfelbaum im Garten wäre nur noch Zierpflanze. Gleichfalls windbestäubende Kulturpflanzen wie der Raps haben durch Honigbienen einen weitaus höheren Ertrag. Betrachtet man die Situation von dieser Seite aus, könnte man also zu dem Schluss kommen: Stirbt die Biene, stirbt der Mensch.

An dieser Stelle kommt allerdings das große Aber ins Spiel: Aber viele Pflanzen, die für unsere Ernährung wichtig sind, benötigen keine Bestäuber. Die meisten Getreidearten oder die nahrhafte Kartoffel kommen prima ohne Fremdbestäuber aus. Würden wir verhungern? Auf den ersten Blick vermutlich nicht.

Nun wieder das Aber: Es wird mit Sicherheit nicht leichter. Das Nahrungsangebot würde drastisch einbrechen. Die negativen Auswirkungen auf die Umwelt und das gesamte Ökosystem wären gar nicht abzusehen, sollten auch Wildpflanzen nicht mehr bestäubt werden. Die Lebensmittelpreise würden rasch steigen und die Artenvielfalt schwinden.

Die Honigbiene ist nicht der einzige Bestäuber

Es gibt eine große Anzahl von weiteren Bestäuberinsekten, die dafür Sorge tragen uns eine reiche Obsternte zu bescheren. Die Zahl ist allerdings schwindend und viele Arten sind gefährdet. Schuld daran sind die mangelnden Lebensräume, das fehlende Nahrungsangebot und nicht zuletzt Pest-/ sowie Herbizide.2 Darüber hinaus sind gerade Hummeln von einer Vielzahl von eingeschleppten Krankheiten und auch Parasiten befallen.

Leider liest man immer mal wieder den Vorwurf, dass Imker sich nicht um den Wildbienenbestand scheren und nur die Ertragbringende Honigbiene in den Vordergrund drängen wollen, wenn vom Bienensterben die Rede ist. Dazu muss man sagen, dass es „DEN Imker“ ohnehin nicht gibt und der Grund für die Prominenz der Honigbiene meist in der Werbung von Umweltorganisationen begründet liegt. Um eine größere Aufmerksamkeit zu erzielen ist es zunächst einmal wesentlich einfacher sich ein „Maskottchen“ zu suchen, das ohnehin schon eine größere Lobby hat und zudem noch durch andere Medien bekannt und beliebt ist. Biene Maja lässt grüßen! Die allgemeine Aufmerksamkeitsspanne der Öffentlichkeit wird immer geringer, weshalb es notwendig ist Werbung einfach zu gestalten und nicht mit abertausenden Wildbienenarten zu verwirren.3 Man soll sich für das Thema interessieren und dann selbst einlesen.

Zudem ist die Aussage, dass sich Imker nicht auch um das Wohl von Wildbienen kümmern, nicht haltbar. Gerade bei Bienenlehrpfaden wird immer wieder auch auf die Schwestern der Honigbiene hingewiesen, meist sogar noch mit Insektenhotel an prominenter Stelle. Viele Imker haben auch nicht nur ein einziges Insektenhotel im Garten stehen.

Die Honigbiene als „Bioindikator“

Der Honigbiene kommt eine weitere bedeutende Rolle zu: Sie ist ein Bioindikator für den Zustand der Artenvielfalt unter den Bestäubern. Es gibt abertausende Insektenarten, die man allein aus Kostengründen nicht ständig überwachen könnte. Die Honigbiene liefert aufgrund ihrer Empfindlichkeit gegenüber diversen Umwelteinflüssen ein verlässliches Bild über den Zustand unserer Natur und Artenvielfalt. Geht es der Biene schlecht, geht es anderen Insekten in der Regel auch nicht gut. Wenn nicht sogar noch schlechter! Denn um die Bienen wird sich durch die Imkerschaft noch zusätzlich gekümmert. Dabei werden Krankheiten sowie Parasiten mit effektiven Mitteln angegangen. Ein Aufwand der in Wald und Wiese nicht zu leisten ist.

Stirb die Honigbiene jetzt aus oder nicht?

Nein, Honigbienen werden nicht so schnell aussterben. Wie bereits erwähnt kümmert sich die Imkerschaft um die Honigbiene, die gleichfalls die entsprechende Lobbymacht besitzt, um für das Wohl der Bienen im Allgemeinen und der Honigbiene im Speziellen zu kämpfen. Gerade in den deutschsprachigen Ländern steigt die Zahl der Imker in den letzten Jahren, nachdem zunächst immer weniger dieses Steckenpferd ausübten. Die Befürchtungen, dass es sich hierbei um einen Modetrend handeln würde, kann man aktuell als unbegründet erachten.

Wenn man vom Bienensterben spricht, dann meint man meist die Winterverluste oder das gerade aus Amerika bekannte Phänomen mit dem Kürzel CCD (Colony Collapse Disorder). Wenn man über den Teich schaut nimmt das ganze etwas andere Züge an als hierzulande. In Deutschland gibt es etwa um die 10-20% Winterverluste pro Jahr. Die Zahl ist beträchtlich und sollte auf keinen Fall zur Norm erhoben werden. Dennoch werden immer wieder Bienenvölker auf die unterschiedlichsten Weisen nachgezogen. Andererseits darf das Problem nicht kleingeredet werden. Honigbienen sind sehr anpassungsfähig und verkraften sehr viel Stress, aber sehr viele Tropfen bringen das Fass zum Überlaufen. Dabei sind stärker belastende Faktoren wie die Varroamilbe oder schon bald der Kleine Beutenkäfer nicht mehr wegzubekommen. Gerade deshalb muss man allerdings dort Eingreifen, wo man eingreifen kann. Sei es bei der Verbesserung des Nahrungsangebots oder der Bekämpfung von Pestizidzulassungen.

Letztlich muss darauf hingewiesen werden, dass das Bienensterben meist nur die europäische Honigbiene (Apis mellifera.) betrifft. Die bspw. in China und Japan beheimatete östliche Honigbiene (Apis cerana.) bekämpft die Varroamilbe durch ein effektiveres Putzverhalten und selbst die furchterregende japanische Riesenhornisse wird von dieser Biene durch eine Hitzekugel erledigt. Importieren sollte man sie allerdings nicht, um nicht noch mehr in unser Ökosystem einzugreifen. Zumal die östliche Honigbiene einen geringeren Honigertrag hat und dadurch für die Erwerbsimkerschaft nicht in Frage kommt. Kreuzungen sollten ebenso vermieden werden, man denke nur an die vor allem in Südamerika beheimateten Killerbienen.

Wer etwas für den Erhalt der Artenvielfalt unter den Bienen unternehmen möchte, dem sei es anempfohlen etwas für das Nahrungsangebot zu tun. Man muss nicht den ganzen Garten mit Wildblumen versehen. Kleine Ecken oder Balkonkübel reichen schon vollkommen aus. Außerdem kann man ein Insektenhotel aufstellen, die es schon sehr günstig zu erwerben gibt, aber auch sehr einfach selbst herzustellen sind. Denn auch die Wildbienen bestäuben den kleinen Kirschbaum hinterm Haus. Näheres dazu finden Sie unter Bienenfreunde.

ML

1 http://www.welt.de/welt_print/wirtschaft/article9046179/Die-Honigbiene-ist-ein-wirtschaftliches-Schwergewicht.html (Stand: 29.04.2016)

2 http://www.deutschlandfunk.de/bienenschwund-und-pestizide-bienen-brauchen-gesunde-pollen.697.de.html?dram%3Aarticle_id=352830 (Stand: 30.04.2016)

3 http://www.heise.de/tp/artikel/44/44935/1.html (Stand: 30.04.2016)

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